Der Bundesrat beendet die Verhandlungen zum Rahmenabkommen. Wieso?

Bern, 26.5. 2021 –  «progresuisse» nimmt den Entscheid des Bundesrates, die Verhandlungen mit der EU über das Rahmenabkommen nach sieben Jahren abzubrechen, konsterniert zu Kenntnis. Der Bundesrat kennt die negativen Folgen für den Standort Schweiz und nimmt dieses Risiko dementsprechend in Kauf. Er hat auch Kenntnis von einer weit grösseren Zustimmung zum Rahmenabkommen, als bis vor kurzer Zeit noch kolportiert wurde. Dementsprechend stellen sich zwei Fragen: Wieso hat er die Verhandlungen abgebrochen? Wie soll es jetzt weitergehen?

Der heutige Entscheid des Bundesrates, das Rahmenabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen, gefährdet nicht nur die Zukunft und den Wohlstand unseres Landes, sie zeigt auch einen Mangel an strategischer Vision für eine kohärente Europapolitik. Es stellt sich die Frage, warum der Bundesrat gerade jetzt so entschieden hat. Der Bundesrat kennt die erheblichen negativen Folgen dieses Verhandlungsabbruches – die im «Geheimpapier» beschriebenen Konsequenzen in 24 Bereichen unserer Wirtschaft und Gesellschaft sind in erster Linie ihm bekannt – und gefährdet mit diesem Entscheid wissentlich den Wohlstand und die Zukunft unseres Landes.

Dieser Entscheid ist umso unverständlicher, als das Argument für die Ablehnung des Rahmenabkommens bei einer allfälligen Volksabstimmung keine solide Grundlage hat. Im Gegenteil: Zwei aktuelle Studien zeigen, dass es sowohl in der Wirtschaft als auch in der Bevölkerung eine starke Unterstützung für das Rahmenabkommen gibt.

Einen «Plan B» zur Sicherung des bilateralen Wegs präsentiert der Bundesrat nicht. Stattdessen fordert er nun von der EU, was er bislang vermieden hat; einen «politischen Dialog» über die weitere Zusammenarbeit und stellt in Aussicht, was längst gesprochen ist: Die Freigabe der Kohäsionsmilliarde. Als Supplement will der Bundesrat die einseitige Übernahme von EU-Recht in unproblematischen Bereichen vorantreiben. Die EU wird das so nicht hinnehmen und es ist auch mitnichten eine Perspektive für unser Land. Um die Konsequenzen dieses unnötigen Abbruchs gegenüber der Bevölkerung abzufedern, muss der Bundesrat nun in den Modus «Schadensbegrenzung». Das ist Plan B.

Sicherstellung der Entwicklung unserer Beziehungen
Die Raison d’être von «progresuisse» ist das Engagement für eine offene, prosperierende und vernetzte Schweiz und für die Weiterführung der erfolgreichen bilateralen Verträge. Als Bewegung prominenter Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik wollen wir unser Engagement fortsetzen. Wir werden genau beobachten, wie sich die Situation weiterentwickelt und wir nehmen den Bundesrat in die Pflicht. Vertragsverhandlungen abzubrechen ist eine Sache; die Abschottung der Schweiz zu riskieren eine andere und ein inakzeptable. Schließlich ist die EU nach wie vor unser wichtigster Partner und omnipräsenter Nachbar. Wir erwarten vom Bundesrat, dass er die Gespräche mit der EU so schnell wie möglich wieder aufnimmt und eine stabile und dauerhafte Partnerschaft sicherstellt.