Der Wert der Bilateralen für… die Stromversorgung in der Schweiz
Von
Progresuisse
am 30. Oktober 2024
Die Bilateralen III umfassen mehrere Abkommen, die für unser Land von entscheidender Bedeutung sind, darunter ein Stromabkommen, das derzeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union verhandelt wird. In vielerlei Hinsicht steht es stellvertretend für die Vorteile der Bilateralen.
In diesem ersten Beitrag zu unserer Rubrik «Der Wert der Bilateralen für…» lässt progresuisse Antje Kanngiesser, CEO Alpiq Group und Mitglied von progresuisse, zu Wort kommen. Ihre Funktion als Chefin eines der grössten Schweizer Stromversorger ermöglicht ihr einen privilegierten Blick auf die Notwendigkeit eines raschen Abschlusses eines Stromabkommens für unser Land.
Was wären die konkreten Vorteile eines Stromabkommens mit der EU?
Der Abschluss eines Stromabkommens würde viele zusätzliche Vorteile mit sich bringen. Es würde nicht nur die Energieversorgung in der Schweiz stabilisieren, sondern hätte auch tiefere Kosten für Unternehmen und Haushalte zur Folge. Die Schweiz ist keine Insel und eng mit dem europäischen Stromnetz verbunden. Unser Land braucht eine enge Zusammenarbeit mit den Nachbarn, um die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Ein Abkommen würde es ermöglichen, die bestehende Infrastruktur optimal zu nutzen und gleichzeitig die Versorgung im Winter, wenn der Strombedarf hoch ist, zu gewährleisten. Eine sichere und bezahlbare Stromversorgung ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und Gesellschaft und damit unseres Wohlstands.
Warum ist der Status quo nicht möglich?
Ohne ein Abkommen im Strombereich wird die Schweiz vor grossen Herausforderungen stehen. Der rasche Ausbau eigener Kraftwerke und zusätzlicher Infrastrukturen ist erforderlich, was zu wesentlich höheren Kosten für die Endverbraucher führen würde. Ein Abkommen hingegen verringert die Notwendigkeit übermässiger Investitionen, indem es der Schweiz ermöglicht, von den enormen Stromkapazitäten in Europa zu profitieren und gleichzeitig ihre flexiblen Wasserkraftwerke zur Stabilisierung des europäischen Netzes einzusetzen. Es ist also ein Geben und Nehmen.
Inwiefern könnte ein solches Abkommen für die Konsumenten in der Schweiz von Vorteil sein?
Eine sichere Stromversorgung ist das A und O. Das ist das Wichtigste. Hinzu kommt: Die Zusammenarbeit ermöglicht nicht nur einen freien Zugang zum Strommarkt, sondern fördert auch den Wettbewerb und wird tiefere Kosten zur Folge haben weil unnötige Investitionen wegfallen. Der freie Zugang zu einem liberalisierten Markt würde den Verbrauchern eine grössere Wahlfreiheit bieten und die Abhängigkeit von teuren nationalen Reserven verringern. Weil für ein Stromabkommen ein liberalisierter Markt Voraussetzung ist, könnte der Konsument sein Stromprodukt und Lieferant künftig selbst wählen und wäre nicht mehr gefangen. Als Konsument kann er aber auch in eine regulierte Grundversorgung bleiben, in welchen er preislich geschützt wird. Eine sozial verträgliche Liberalisierung ist also möglich.
Erschienen im progresuisse-Newsletter am 30. Oktober 2024